Polster der Pensionskassen: Angespannte Lage aber keine Panikreaktionen

Die schweizerischen Pensionskassen haben im laufenden Jahr grosse Anlageverluste erlitten. Sie erfahren derzeit eines der schlechtesten Jahre an den Finanzmärkten der vergangenen Jahrzehnte. Per Ende Oktober beträgt das Minus auf den Anlagen der Vorsorgeeinrichtungen im Schnitt -8.9%. Kursrückgänge messen wir heuer sowohl in den Obligationen- als auch in den Aktienportfolios, welche durchschnittlich etwa zwei Drittel des Anlagevermögens schweizerischer Vorsorgeeinrichtungen ausmachen.

Die Verluste haben zur Folge, dass der durchschnittliche Deckungsgrad seit Anfang Jahr von 115.3% auf 103.5% per Ende Oktober gefallen ist und knapp 12% der Pensionskassen in einer Unterdeckung stecken. Allerdings möchten wir betonen, dass die Verantwortlichen der Vorsorgeeinrichtungen unserer Erfahrung nach in den letzten Jahren systematisch ihre Hausaufgaben gemacht und die Pensionskassen für schwere Zeiten gepolstert haben. Die Verpflichtungen sind im Durchschnitt gedeckt. So zeigen unsere Daten und Berechnungen aber auch Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Kassen. Bei Letzteren gehen wir im Schnitt von einem Deckungsgrad von 108.7%, und nur eine von Vierzehn Kassen in Unterdeckung aus. Bei öffentlich-rechtlichen Kassen könnte aktuell bis zu jede zweite Pensionskasse von einer Unterdeckung betroffen sein.

Wir sehen keine Notwendigkeit, die Anlagestrategien jetzt überhastet zu ändern. Die Strategie wird im Rahmen von periodischen Asset- und Liability-Studien sorgfältig bestimmt. Dazu gehören auch Stresstests und die systematische Analyse der Entwicklungen unter extremen Marktbedingungen. Die erlittenen Verluste sind schmerzhaft, liegen bisher aber im Rahmen der Erwartungen. Übereilte Anpassungen sind verfehlt, nichtsdestotrotz muss stets auch der Einzelfall beurteilt werden.

Die Notenbanken haben dieses Jahr kräftig an der Zinsschraube gedreht, zuletzt die US-Notenbank FED mit einer weiteren Erhöhung um 0.75% per Anfang November. Das rasch steigende Zinsumfeld drückte auf die Preise der Obligationen. Mittel- und langfristig könnte dies eventuell zu einer Trendumkehr beim technischen Zinssatz führen, sofern sich die Zinsen auf einem höheren Niveau einpendeln. Der technische Zinssatz, welcher das implizite Zinsversprechen für Rentner ausdrückt, ging über Jahre zurück. 2021 haben wir mit rund 1.6% den bisher tiefsten Wert gemessen. Für eine Langfristprognose beim technischen Zinssatz ist es allerdings noch zu früh. Ein Beschluss zur Anpassung oder Erhöhung dieses Parameters durch die Pensionskassen-Verantwortlichen darf nicht einfach aufgrund von kurzfristigen Marktbewegungen erfolgen, sondern muss sich in die langfristigen Entwicklungen einordnen. Abzuzeichnen scheint sich indes die Verzinsung der Kapitalien der Erwerbstätigen. Der Bundesrat hat die Mindestverzinsung für 2022 wiederum bei einem Prozent festgelegt. Sofern an den Finanzmärkten nicht noch ein Weihnachtswunder geschieht, dürften viele Kassen diesen Wert anwenden, falls dieser für Sanierungsmassnahmen durch Kassen in Unterdeckung nicht unterschritten werden muss.
Unsere Beobachtungen und Daten der Vorjahre zeigen aber, dass viele Vorsorgeeinrichtungen wo möglich und insbesondere in guten Börsenjahren, auch gewillt waren, die Erwerbstätigen mit Mehrverzinsungen an positiven Entwicklungen der Märkte teilhaben zu lassen.

Autoren

Autoren: Oliver Gmünder & Ueli Sutter

 

zurück zur Übersicht