Die Anlagestrategie ist der entscheidende Faktor

Die Festlegung der Anlagestrategie ist eine der Kernaufgaben des Stiftungsrats jeder Pensionskasse. Auf lange Sicht stellt die Anlagestrategie den Haupttreiber der Anlagerendite dar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass andere Aktivitäten keinen Mehrwert generieren können.

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Die Diskussion zur Bedeutung der Anlagestrategie wurde bereits in den 1970er Jahren und 1980er Jahren durch verschiedene Praktiker und Akademiker geführt. Brinson, Hood und Beebower versuchten 1986 erstmals, die Wichtigkeit der Anlagestrategie in Bezug auf die erreichten Renditen auch quantitativ zu messen. Die Bedeutung der Anlagestrategie wurde mittels Bestimmtheitsmass (R2) gemessen. Für einen Datensatz aus US-Pensionskassen wurde ein durchschnittliches R2 von 93.6% errechnet. Im Durchschnitt erklärte die Anlagestrategie somit über 90% der Portfolioschwankungen. Dieser Versuchsaufbau wurde später für verschiedene Zeitperioden und geografische Räume wiederholt. Die Folgeuntersuchungen errechneten Kennzahlen in ähnlichen Grössenordnungen.

Wie sieht es bei Schweizer Pensionskassen aus?

Wir haben das Untersuchungsdesign repliziert und auf ein Datensample aus fünfzig Schweizer Pensionskassen angewendet. Die untersuchten Pensionskassen umfassen firmeneigene Pensionskassen, Sammelstiftungen und öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtungen (Details siehe „Vorgehen“, Resultate siehe Tabelle).

Die durchschnittliche kumulierte Rendite über fünf Jahre betrug 15.8 %. Die kumulierte Durchschnittsrendite der jeweiligen Anlagestrategien betrug 16.3 %. Die tiefste kumulierte Strategierendite lag bei 5.7 %, wobei diese Vorsorgeeinrichtung eine sehr hohe Obligationenquote aufwies, was in Zeiten steigender Zinsen sicherlich nicht von Vorteil ist. Die höchste kumulierte Strategierendite lag bei 25.3 %. Diese Anlagestrategie wies eine Obligationenquote von 0 % aus, und der Anteil der Immobilien betrug deutlich über 40%.

Über fünf Jahre ergibt sich somit eine kumulierte Differenz von rund 20 Prozentpunkten zwischen der Strategie mit der höchsten und jener mit der tiefsten Rendite. Annualisiert entspricht dies einer Differenz von 3.6 Prozentpunkten. Vergleicht man die Renditedispersion des 2. und des 3. Quartils, so liegt diese bei annualisiert 0.9 Prozentpunkten, kumuliert liegt die Differenz über fünf Jahre bei 4.5 Prozentpunkten. Es lässt sich somit festhalten, dass selbst bei Entfernung der höchsten und tiefsten Beobachtungen eine merkliche Renditedifferenz vorliegt. Dies verdeutlicht wiederum, dass die Bedeutung der strategischen Asset Allocation (SAA) nicht unterschätzt werden sollte.

 

Einzelne Performanceeffekte

Für diesen Datensatz betrug die durchschnittliche Gesamtabweichung von effektiver Rendite und Anlagestrategie –0.09% pro Jahr. Damit lagen die Pensionskassen im Schnitt leicht hinter der Benchmark.

Die Gesamtabweichung zwischen effektiver Rendite und Anlagestrategie wurde zudem in verschiedene Teileffekte zerlegt (siehe Grafik). Im Schnitt lag der Timing-Effekt (abweichende Anlageklassengewichtung) bei –0.04% p. a. und der annualisierte Selektionseffekt bei 0.03% (effektive Anlageklassenrendite vs. Benchmarkrendite einer Anlageklasse). Darüber hinaus entstanden sonstige Effekte in Höhe von durchschnittlich –0.08% pro Jahr, die nicht den beiden anderen Effekten zugeordnet werden konnten.

Um weitere Einblicke zu gewähren, wird hier auf einige Beobachtungen eingegangen. Der höchste annualisierte Selektionseffekt betrug 1.9 %, der tiefste Selektionseffekt –1.7 %. Der tiefste Timing-Effekt lag bei –0.4% und der höchste bei 0.7 %. Die Spanne an realisierten Selektionseffekten fiel somit deutlich breiter aus als jene der Timing-Effekte. Die kleineren Timing-Effekte sind auch in Zusammenhang mit der eher strategienahen Umsetzung der Pensionskassenportfolios zu sehen. Bei der durchschnittlichen Gesamtabweichung von –0.09% p. a. sollte man zudem beachten, dass eine durchschnittliche Pensionskasse eine Kostenquote von 0.5% pro Jahr aufweist (Complementa Risiko Check-up Studie 2023: zwischen 2018 und 2022 lag die durchschnittliche Kostenquote zwischen 0.44% und 0.58%). Den untersuchten Pensionskassen ist es somit im Durchschnitt gelungen, mit aktiver Managementleistung diese Kosteneffekte zu lindern.

Bedeutung der Anlagestrategie

Die annualisierte Volatilität der effektiven Portfolios betrug durchschnittlich 6.2 %, für die korrespondierenden Strategien lag dieser Wert ebenfalls bei 6.2 %. Für diesen Datensatz aus fünfzig Pensionskassen konnte nicht festgestellt werden, dass Pensionskassen als Gruppe systematisch mehr oder weniger Risiken eingehen als die untersuchten Anlagestrategien. Die effektiven Renditen wurden zudem gegen die jeweiligen Anlagestrategien regressiert. Das Bestimmtheitsmass (R2) erklärt in unserem Datensatz durchschnittlich 95.1% der Portfolioschwankungen (Median bei 97.5 %). Es kann somit festgehalten werden, dass die Anlagestrategie einen Grossteil der Schwankungen des effektiven Portfolios erklärt. Selbst für das Portfolio mit dem tiefsten R2 erklärt die SAA rund drei Viertel der Portfolioschwankungen. Es soll hier darauf hingewiesen werden, dass Pensionskassen im Schnitt strategienahe investiert sind, womit die R2 erwartungsgemäss hoch ausfallen. Mit zunehmender Abweichung von der SAA nehmen die R2-Werte tendenziell ab.

Take Aways

  • Die Anlagestrategie erklärt einen Grossteil der Schwankungen der effektiven Portfolios.
  • Über fünf Jahre ergab sich im untersuchten Sample eine kumulierte Differenz von rund 20 Prozentpunkten zwischen der Strategie mit der höchsten und jener mit der tiefsten Rendite.
  • Eine ungünstig gewählte strategische Asset Allocation (SAA) kann nicht durch eine gute Selektion oder eine gute taktische Allocation korrigiert werden.

 

Vorgehen

Zur Berechnung der Gesamtrenditen und der verschiedenen Performance-Effekte (Selektion und Timing/ Allokation) wurden die monatlichen Anlageklassenbestände, die Netto-Anlageklassenrenditen sowie die strategischen Quoten und die Benchmark-Renditen verwendet. Diese Zeitreihen bildeten dann die Grundlage für die Berechnung der kumulierten Renditen, der Renditevolatilität, des Bestimmtheitsmasses (R2) und der annualisierten Einzeleffekte (u. a. Selektion, Timing, sonstige). Die Berechnungen wurden für jede Pensionskasse wiederholt, und anschliessend wurden Mediane und Mittelwerte auf Basis der Einzelbeobachtungen berechnet. Die fünfjährige Untersuchungsperiode erstreckt sich hier von Ende Juni 2018 bis Ende Juni 2023 und umfasst damit sowohl Marktabschwünge (u. a. 2022) als auch Boomphasen (u. a. 2019).

Autoren

Ueli Sutter & Andreas Rothacher

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