Anlagemix von Pensionskassen im Wandel

Der Anlagemix von Vorsorgeeinrichtungen hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verändert und wurde risikoreicher. An Bedeutung gewonnen haben insbesondere Immobilien und Alternative Anlagen, wie die Complementa Risiko Check-up Studie aufzeigt. Die gesetzlich neu zugelassenen Anlagekategorien werden jedoch kein Game Changer sein.

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Den Uneinigkeiten bezüglich Reform der Altersvorsorge zum Trotz vermelden dieser Tage und Wochen unzählige Pensionskassen ausgezeichnete Performance-Ergebnisse für das vergangene Jahr. Wir gehen für 2021 nach vorläufiger Hochrechnung von einer durchschnittlichen Rendite von 8.9 Prozent für heimische Vorsorgeeinrichtungen aus. Der Deckungsgrad kletterte um rund 5.7 Prozentpunkte auf knapp 116 Prozent. Pensionskassen lassen die Corona-bedingten Marktturbulenzen demnach hinter sich, wobei die Märkte im neuen Jahr volatil sind und die Performance zum Jahresstart ein negatives Vorzeichen verbucht. Wir nehmen dies zum Ausgangspunkt, um die langfristigen Veränderungen im Anlageverhalten zu beleuchten. Hierzu nutzen wir Erhebungen und Hochrechnungen des Complementa Risiko Check-up, eine alljährlich durchgeführte Studie unter Pensionskassen.

Trend zu mehr Risiken

Bedingt durch das tiefe Zinsniveau wurden in der letzten Dekade Obligationenbestände stark abgebaut. Während 2010 noch rund 48 Prozent in festverzinslichen Anlagen oder als Liquidität gehalten wurde, waren es Ende 2021 mit 36.2 Prozent deutlich weniger. Die freiwerdenden Mittel verteilten sich auf Aktien, ausländische Immobilien und Alternative Anlagen wie Private Equity, Infrastrukturanlagen und Private Debt. Die Immobilienquote liegt wiederholt bei über 20 Prozent. Dieses Niveau zu halten, kann Pensionskassen in Zeiten steigender Märkte vor Herausforderungen stellen. Wir beobachten einerseits einen stetigen Ausbau des Anteils globaler Immobilien als auch eine Verschiebung von direkter zu indirekter Umsetzung im Bereich Immobilien Schweiz, wodurch direkte und indirekte Umsetzungen aktuell fast gleichbedeutend sind. Die Aktienquote liegt mit über 32 Prozent nahe dem historischen Mittel. Beachtenswert ist der stetige Ausbau des Anteils alternativer Anlagen, welcher sich zwischen 9-10 Prozent einpendelt. Der Anteil Auslandsanlagen hat sich spürbar erhöht und bei Aktien wurde der «Home Bias» über Zeit deutlich reduziert. Obwohl mittlerweile rund jeder zweite Franken im Ausland angelegt wird, bleibt die Fremdwährungsquote stabil im Bereich von 18 Prozent.

Neue zugelassene Kategorien

Infrastrukturinvestments sind seit Oktober 2020 gemäss BVV2-Klassifizierung als eigenständige Kategorie zulässig. Dadurch ist es Vorsorgeeinrichtungen erlaubt, bis zu 10 Prozent des Gesamtvermögens in Infrastruktur anzulegen. Aktuell liegt der Anteil bei unter 2 Prozent. Seit Anfang 2022 können Pensionskassen zudem bis zu 5 Prozent in die neu geschaffene Anlagekategorie nichtkotierte schweizerische Anlagen (Venture Capital) investieren. Hierdurch erhofft sich der Bundesrat Zuflüsse in zukunftsträchtige heimische Technologien. Wir beobachten zwar Interesse an den Anlagekategorien Infrastruktur und Private Equity, der Anteil liegt jedoch mit ca. 1.6 Prozent resp. 2.7 Prozent noch tief. Der Venture Capital Anteil innerhalb der Private Equity Anlagen schätzen wir als äusserst tief ein.

Risikofähigkeit ausschlaggebend

Auch wenn sich vor dem Hintergrund des Negativ-/Niedrigzinsumfelds ein Trend zu weniger liquiden Investments abzeichnet, erwarten wir keinen sprunghaften Anstieg in den Bereichen Infrastruktur, Private Equity und Venture Capital. Dies liegt daran, dass der Anlagemix auch vom Risikobudget abhängt, welches wiederum von den Verpflichtungen einer Vorsorgeeinrichtung beeinflusst wird. Änderungen im Gesetz führen daher nicht automatisch zur verstärkten Inanspruchnahme neuer Anlagekategorien. Mit dem Erweiterungsartikel konnten Vorsorgeeinrichtungen zudem von den gesetzlichen Limiten abweichen. Ausserdem gilt es den verzögerten Aufbau illiquider Kategorien und die starke Entwicklung der Aktienmärkte zu beachten. Die Bestimmung der Anlagestrategie – in Abhängigkeit der Risikofähigkeit – ist eine der wesentlichen Aufgaben des Führungsorgans. Pensionskassen sind daher gut beraten, periodisch mittels ALM-Studien und unter Berücksichtigung der verpflichtungsseitigen Entwicklungen das Risikobudget zu ermitteln, die Anlagestrategie zu prüfen und u. a. mittels Stressszenarien zu testen.

Gewichteter Anlagemix von Pensionskassen (Hochrechnung per Ende 2021)

Kontakt

Swiss Pension Fund Study Gmünder Rothacher

Weitere Informationen zur Risiko Check-up Studie wie auch die letzte Studienausgabe finden Sie hier. Für weitere Auskünfte stehen Ihnen Oliver Gmünder (R) und Andreas Rothacher (L) als Autoren des Artikels und Teil der Risiko Check-up Studienleitung zur Verfügung.

Kontakt: riskcheckup@complementa.ch
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